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Berlin gegen Hassgewalt – Soforthilfefonds für Betroffene

Finanzielle Unterstützung für Betroffene

Der Berliner Soforthilfefonds unterstützt Personen oder Einrichtungen, die aus beispielsweise rassistischen, antisemitischen, transfeindlichen oder anderen menschenverachtenden Motiven angegriffen oder bedroht werden. Auch Personen, die aufgrund ihres Engagements für Demokratie und Menschenrechte Gewalt erfahren haben, werden unterstützt.

Mit bis zu 1.000€ können anfallende Kosten für Anwält*innen, Therapiesitzungen, Selbstverteidigungskurse oder die Reparatur eines Gegenstandes beantragt werden.

Lassen Sie sich beraten und stellen Sie einen Antrag!

Der Berliner Soforthilfefonds lässt Sie mit den Kosten nicht alleine!

Informationsvideo in verschiedenen Sprachen

Videos in English, Türkisch, Arabisch

Sie haben Hassgewalt erlebt und brauchen finanzielle Unterstützung? Lassen Sie sich beraten und stellen Sie einen Antrag!

Beratung zum Antrag

Wir beraten zum Antragsprozess und vermitteln bei Bedarf weiter.

Wir stehen den Betroffenen solidarisch, parteiisch und unterstützend zur Seite. Wir arbeiten unabhängig der Einschätzung der Sicherheitsbehörden und Justiz. Es muss nicht vorher Anzeige erstattet worden sein.

Die Beratung kann telefonisch, digital oder persönlich stattfinden. Wir sprechen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Türkisch. Mit Sprachmittler*innen kann die Beratung in weiteren Sprachen stattfinden. Kontaktieren Sie uns und machen einen Termin aus! Kontaktdaten am Ende der Website.

Finanzielle Unterstützung

Wen wir unterstützen:

  • Der Fonds für Soforthilfe richtet sich an Einzelpersonen und Einrichtungen, die in Berlin wohnhaft sind und:
  • Gewalt oder Bedrohung ausgesetzt sind, die durch menschenfeindliche Einstellungen wie Ableismus, Antifeminismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Rassismus, Rom*njafeindlichkeit, Sexismus oder Wohnungslosenfeindlichkeit motiviert ist
  • wegen ihres Engagements für demokratische und menschenrechtliche Grundsätze Gewalt oder Bedrohung ausgesetzt sind
  • wir können leider nur Vorfälle berücksichtigen, die nach 2018 vorgefallen sind und die in Berlin passiert sind
  • „wirtschaftlich bedürftig“ sind, also über ein geringes Einkommen und wenig Vermögen verfügen oder gemeinnützig sind

Hier finden Sie das Antragsformular zum Download und in verschiedenen Sprachen:

Parteiisch, solidarisch, unterstützend

Menschenverachtende Einstellungen wie Rassismus, Antisemitismus, Trans*feindlichkeit und andere Abwertungsideologien erhalten in unserer Gesellschaft zunehmende Akzeptanz und führen leider häufig zu gewälttätigen Übergriffen. Auch Angriffe gegen demokratisch Engagierte, Funktionsträger*innen, Medienschaffende und Politiker*innen haben in den letzten Jahren zugenommen. Wir müssen uns mit denjenigen solidarisieren, die das im Alltag als erstes und oft sogar am eigenen Leib zu spüren bekommen.
 
Direkt Betroffenen unterstützend zur Seite zu stehen ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und dringende Notwendigkeit. Um eine kurzfristige Nothilfe gewährleisten zu können, muss die Ermittlung der Betroffenheit unabhängig von der Einordnung von Sicherheitsbehörden und Justiz geschehen. Diese werden den Bedarfen von Betroffenen häufig nicht gerecht. Für uns bedeutet ein solidarischer Umgang mit Betroffenen:

Mehr Informationen

Bericht 2023

Pressemitteilung der Amadeu Antonio Stiftung


Bilanz 2023: Soforthilfefonds unterstützte in 387 Fällen Betroffene von Hassgewalt in Berlin mit 310.000 Euro


Über 420 Anfragen erreichten den Soforthilfefonds „Berlin gegen Hassgewalt“ im Jahr 2023, 387 Anträge wurden bewilligt. 275 Beratungen wurden telefonisch, digital und persönlich durchgeführt und 310.279,40€ an Betroffene weitergegeben. Der deutliche Anstieg gegenüber dem Vorjahr, in dem in 148 Fällen mit 123.000 Euro unterstützt wurde, macht deutlich, dass der Bedarf hoch bleibt, das Angebot bekannter und mehr genutzt wird. Der Soforthilfefonds in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung wird seit Mitte 2021 von der Landeskommission Berlin gegen Gewalt aus dem Fonds zur Unterstützung von Betroffenen politisch-extremistischer Gewalt (Unterstützungsfonds), welcher auf Initiative des Berliner Abgeordnetenhauses eingerichtet wurde, gefördert.


Hassgewalt beruht auf menschenverachtenden Einstellungen wie beispielsweise Rassismus, Antisemitismus, Ableismus, Sexismus oder Queerfeindlichkeit. Sie trifft Angehörige der betroffenen Gruppen, aber auch Personen und Einrichtungen, die sich für demokratische und menschenrechtliche Grundsätze einsetzen, wie Journalistinnen, zivilgesellschaftlich Engagierte oder Gewerkschafterinnen.

Häufigstes Motiv Rassismus
In vielen Fällen erleben Betroffene mehrere Diskriminierungsformen gleichzeitig, 2023 war dies in 40% der Anträge der Fall. Mit knapp 60% wurde besonders häufig ein rassistisches Motiv erkannt, darunter fallen etwa ein Viertel Anti-Schwarzer-Rassismus, aber auch anti-muslimischer Rassismus und anti-asiatischer Rassismus. 22% der Vorfälle waren LSBTI-feindlich motiviert, mehr als die Hälfte davon transfeindlich. Sexismus ist mit 14% ebenfalls besonders häufig ein Motiv gewesen.

Hassgewalt kann als verbale Gewalt, körperliche Angriffe oder Bedrohungen im digitalen Raum, verschiedene Formen annehmen und ist für viele Betroffene eine alltägliche Erfahrung. Besonders häufig (33%) wurden Personen auf der Straße im öffentlichen Raum angegriffen oder bedroht. Am zweithäufigsten (21%) waren Vorfälle in den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus oder U-Bahn. Wie etwa im Fall einer Person, die an einem Nachmittag auf dem Weg zu einem Termin ist. Sie bemerkt, dass eine Person ihr auf der Straße folgt und immer wieder böse zu ihr rüber schaut. Sie bleibt stehen und dreht sich zu einem Schaufenster, da bleibt die andere Person stehen, beschimpft sie rassistisch und transfeindlich, bespuckt sie und geht weiter. Sie ist geschockt. Obwohl mehrere Personen den Vorfall beobachten, kommt niemand auf sie zu um ihr Hilfe anzubieten. Viele berichten, dass Umstehende nicht eingreifen oder Hilfe anbieten. Dieses Erleben ist für viele Betroffene besonders schlimm. Die betroffene Person möchte den Vorfall in Therapiesitzungen bearbeiten. Bei einem anderen Fall ebenfalls im ÖPNV sind ein paar Freundinnen unterwegs, einer von ihnen trägt einen Davidstern um den Hals und sie sind als queer erkennbar. Es sind Fans einer rechtsradikalen Band im Zug, die sie anpöbeln, antisemitisch und queerfeindlich beleidigen und körperlich angreifen. Sie können sich bei der nächsten Station in Sicherheit bringen und stellen Anzeige gegen die Täter, diese stellen ebenfalls Anzeige – eine Täter-Opfer-Umkehr. Auch dies geschieht häufig und es fallen Kosten für Anwältinnen an.

„Die viele Hassgewalt im öffentlichen Raum, das prägt den Alltag von Betroffenen. Der Fonds ist dafür da, als Stadtgesellschaft zumindest finanziell zu unterstützen und an der Seite von Betroffenen zu stehen. Dies ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität seitens der Stadtgesellschaft. Wünschenswert wäre es, wenn mehr Menschen auf betroffene Personen zu gehen und die Gewalt nicht ignorieren.“, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.

Hassgewalt trifft Betroffene aber auch Zuhause (17%) durch den Nachbarn, die Mitbewohnerin oder Partner, sowie auch am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte oder Kolleginnen (12%). Dass Gewalt aus menschenverachtenden Motiven nur durch Personen, die sich nicht kennen, ausgeübt wird, ist ein Trugschluss, bei etwa einem Viertel der Fälle lag eine Bekanntschaft vor. Wie etwa im Fall von AK. Er ist Muslim und ist mit seiner Familie vor einem Jahr in eine neue Wohnung eingezogen. Seitdem gibt es Probleme mit einem Nachbarn, der sie immer wieder bedroht und ihnen rassistische Sprüche vor die Tür legt. Diese Situation belastet die gesamte Familie sehr, die Kinder haben zum Teil Angst rauszugehen und sie möchten umziehen.

Soforthilfefonds finanziert bedarfsbezogen

So unterschiedlich wie Hassgewalt auftritt, so unterschiedlich sind auch die Bedarfe der Betroffenen nach einem Vorfall. Beantragt wurden in vielen Fällen mehr als eine Maßnahme, denn bei einem Vorfall kann beispielsweise ein Handy kaputtgehen, welches repariert werden muss, zum anderen werden Gelder für eine Rechtsberatung oder Therapiesitzungen zur Aufarbeitung des Erlebten gebraucht. Der Fonds ermöglicht mit einer finanziellen Förderung von bis zu 1.000 Euro pro Fall eine schnelle erste Entlastung. In vielen Fällen haben die Antragstellenden allerdings einen noch höheren Bedarf und so kann nur ein Teil der tatsächlichen Kosten für Therapie, Anwält*innen oder Reparaturen durch den Soforthilfefonds gestellt werden. In den Beratungen wird bei Bedarf an andere Unterstützungsangebote verwiesen. Der Berliner Soforthilfefonds wird auch in 2024 Betroffene von Hassgewalt finanziell unterstützen. Neben der finanziellen Unterstützung ist es wichtig, dass die gesamte Stadtgesellschaft Verantwortung übernimmt und sich ebenfalls klar gegen Hassgewalt stellt und den Betroffenen zur Seite steht.

Beispiele, in denen der Berliner Soforthilfefonds unterstützt hat

Unterstützung nach rassistischem Vorfall: MN war im Sommer 2023 auf einer Straße im Wedding unterwegs als ein fremder Mann zunächst seine Hand hob und dann eine Pistole formte und sie auf MN richtete. MN war schockiert und ging schnell weiter. Doch die Bedrohung durch den Mann ging weiter, er fing an sie rassistisch zu beschimpfen und zu bedrohen. Es waren viele Zeug*innen vor Ort aber niemand Schritt ein. MN ging weg, doch der Mann verfolgte sie noch eine ganze Weile. Die Situation war sehr bedrohlich und SP war davon körperlich und psychisch sehr mitgenommen. Der Berliner Soforthilfefonds hat mit einer finanziellen Unterstützung für Körpertherapie und Therapiesitzungen unterstützt.

Unterstützung nach Angriff auf Demonstration: Im Februar 2023 war BN auf einer Solidaritätsdemonstration zur aktuellen Lage nach dem Erdbeben in der Türkei. Die Demo fand in Kreuzberg statt, dort wurde BN von einer weißen Person körperlich und verbal angegriffen. Die Täter hat versucht die Flagge und die Plakate, die AS dabei hatte wegzunehmen und hat sie geschubst und dabei beschimpft. AEs dauerte einige Minuten bis jemand die Situation bemerkte und zur Hilfe kam. AS musste nach dem Ereignis ins Krankenhaus. Sie wurde körperlich und psychisch verletzt. Der Berliner Soforthilfefonds hat bei der Unterstützung zur Finanzierung von psychologischer Unterstützung und Körpertherapie unterstützt.

Unterstützung nach transfeindlicher Gewalt: NO wurde im Frühjahr 2023 beim Spazieren im Park von einer Gruppe Jugendlicher transfeindlich beleidigt, sie verfolgten NN und bespuckten NO zum Schluss noch, dann liefen sie lachend davon. Für NO war es schockierend, dass dies am helligten Tag passiert und niemand einschreitet. Diese Transfeindlichkeit hat NO sehr lange beschäftigt und NO fühlte sich nicht mehr wohl auf der Straße. Der Berliner Soforthilfefonds hat mit einer Unterstützung für einen Empowermentkurs und Therapiesitzungen geholfen.

Unterstützung nach Angriff durch Neo-Nazi: JF befindet sich seit Jahren in einer Bedrohungslage, da er einen organisierten Neo-Nazi als Nachbarn hat. Er war in der Vergangenheit schon Zielscheibe von Angriffen und hat in 2022 einen erneuten Angriff erlebt. Als JF am Nachhauseweg war, hat sich der Nachbar in den Weg gestellt hat und JF bedroht. JF konnte sich selbst verteidigen und hat es geschafft so an ihm vorbei zu kommen, dabei ist aber sein Handy beschädigt worden. Der Berliner Soforthilfefonds hat bei der Reparatur des Handys sowie für Körpertherapie unterstützt, um bei der psychischen Belastung zu unterstützen.

Unterstützung nach antisemitischem und queerfeindlichem Vorfall: Im Sommer in der S-Bahn war BK mit Freund*innen unterwegs. Er trug einen Davidstern um den Hals und war zudem als queer erkennbar. In der Bahn wurden sie von Fans einer rechtsradikalen Band zunächst verbal auf antisemitische und queerfeindliche Weise später auch körperlich angegriffen und aus der Bahn geprügelt. Sie mussten ins Krankhaus gebracht werden. Bei der Polizei, die ab einem bestimmten Zeitpunkt vor Ort war, haben sie Anzeige erstattet. Die Täter allerdings auch. Dies geschieht in vielen Fällen und es kommt zu einer Täter-Opfer-Umkehr. Beim Soforthilfefonds haben sie finanzielle Unterstützung für anfallende Anwaltskosten beantragt.

Unterstützung nach rassistischem Vorfall: AS wurde am im Winter 2022 beim Lidl bei ihr um die Ecke von einer weißen Frau rassistisch beschimpft. Die Frau hatte sich antiziganistisch gegenüber einer Person geäußert und AS ist eingeschritten. Daraufhin hat die Frau AS mit dem N-Wort und weiteren rassistischen Bezeichnungen beschimpft. Der Vorfall hat AS sehr re-traumatisert und viele vergangene Rassismuserfahrungen sind hochgekommen, sie hatte Schlafstörungen, war körperlich sehr angespannt. Der Berliner Soforthilfefonds hat bei der Finanzierung eines Empowermentworkshops für BIPOC unterstützt.

Flyer

Flyer zum Download. Bei Bedarf können diese auch zugeschickt werden.

Kontakt

Sie erreichen uns Montag bis Freitag 10 -16 Uhr

Telefon: 0151-42043648 / 0152-53087169

E-Mail-Adresse: berlin-gegen-hassgewalt@amadeu-antonio-stiftung.de

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